Gaukeleien
um die Windenergie
(August
2012)
Sehr geehrte Damen und Herren,
ein Bürger war es, der auf den
Versammlungen der letzten Tage (CDU und Pro Coesfeld luden ein)
das Problem auf den Punkt brachte:
- Wer soll
eigentlich miteinander reden, damit am Ende ein wie auch
immer gearteter "Konsens" erzielt werden kann?
So schön sich die Idee eines "bäuerlichen
Bürgerwindparks" auch anhört - die Umsetzung der "gut
gemeinten" Idee hat nun in ein Dilemma geführt. Sind es nur
die unmittelbaren Grundstückseigentümer, die für
die Gründung einer "Windpark-GmbH & Co. KG" in Frage
kommen? Welche weiteren Anwohner oder Grundstücksbesitzer
müssten mit berücksichtigt werden? Gehören etwa
auch Bürger dazu, die außerhalb der
"dreifache-Höhe-Zone" wohnen? Hätten auch solche
Anwohner einen Anspruch auf einen Gewinnanteil, die kein Kapital
in die Gesellschaft einbringen?
Fragen über Fragen ...
Politische Lenkungsträume
und kollektives Wunschdenken
Der Hintergrund dieses Dilemmas ist die Beschlusslage, die der
Coesfelder Stadtrat auf Empfehlung der Stadtverwaltung zum Thema
"Windkraftanlagen" gefasst hat.
- Einerseits wollte
sich die Stadtverwaltung "Planungshoheit" sichern, um
"mitsteuern" zu können, wo im Coesfelder
Außenbereich künftig Windkraftanlagen gebaut
werden dürften und wo nicht.
Zu diesem Zweck hatte die Stadt
eine Tabuflächenanalyse in Auftrag gegeben, um
festzustellen, welche Flächen im Außenbereich auf
keinen Fall für den Bau einer Windkraftanlage geeignet
wären (z.B. aus Artenschutzgründen,
Denkmalschutzgründen, Nähe zu Wohngebäuden
u.v.a.m.). Die Restflächen, die nach dieser Analyse
übrig blieben, wären im Umkehrschluss prinzipiell
als Standort für ein Windrad geeignet und könnten
mit vorhabenbezogenen Bebauungsplänen überzogen
werden.
Doch bei näherem Hinsehen erweist sich diese "politische
Steuerungswunsch" als teuer und überflüssig. Laut
Baugesetzbuch gehört die Nutzung der Windenergie ohnehin
zu den sogenannten "privilegierten Vorhaben", die im
Außenbereich einer Gemeinde ausdrücklich zugelassen
sind. Konkret heißt das:
- Jeder, der im Außenbereich ein Grundstück
besitzt, kann den Bau und Betrieb einer Windkraftanlage
beantragen,
- muss allerdings mit einem Einzelgutachten nachweisen,
dass sein Vorhaben keine schutzwürdigen Interessen
verletzt (Artenschutz, Denkmalschutz, Abstände zu
Wohngebäuden u.v.a.m) .
Um dieses Einzelgutachten, dass auf eigene Kosten erstellt
werden muss, kommt der Antragsteller auf keinen Fall herum,
selbst wenn die Stadt bereits eine Tabuflächenanalyse
durchgeführt hat.
Fazit: Auch so entstünden genehmigte Windkraftanlagen auf
dazu geeigneten Standorten - ohne dass die Stadt teure
Vorarbeiten leistete. Wozu soll also die "politische
Steuerung" durch die Stadtverwaltung dienen - wenn nicht als
neue teure Spielwiese für Stadtplaner?
- Andererseits
sollten mögliche Widerstände, die sich aus der
betroffenen Bevölkerung gegen einen Windpark entwickeln
könnten, schon im Vorfeld gebrochen werden. Die BBWind,
eine Beratungsgesellschaft des Westfälisch-Lippischen
Landwirtschaftsverbandes, empfiehlt dazu, die Gründung
sogenannter "Bürgerwindparks" voranzutreiben. Auch die
Stadt hat sich in ihren Beschlüssen dazu
hinreißen lassen, dieses Betreibermodell zu
favorisieren, obwohl sie eigentlich gar kein Recht hat,
einem Bürger vorzuschreiben, in welcher
Unternehmensform er ein Unternehmen betreiben möchte.
Der Hintergedankegedanke eines
"Bürgerwindparks" wird nicht verschwiegen: Wo die
"Betroffenen" (wer immer das auch ist) den Bau eines Windparks
zu einem gemeinsamen Projekt machen, werden Widerstände
und Bedenken zerstreut und Akzeptanz hergestellt.
Es spricht überhaupt nichts dagegen, sich mit anderen
zusammenzuschließen, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen
- im Gegenteil. Wer z.B. das unternehmerische Risiko teilen
möchte, das mit dem Betrieb eines Windpark einhergeht,
und zudem das notwendige Betriebskapital lieber zusammen mit
seinen Nachbarn aufbringt, ist mit der Gründung einer
Gesellschaft gut beraten.
Problematisch wird es allerdings dann, wenn ein solches
Unternehmen dazu dienen soll, "Landfrieden" zu erzeugen. Die
Interessen von etwa zehn potentiell Betroffenen mögen
noch gut unter einen Hut zu bringen sein, aber fast
unmöglich erscheint es, wenn mehrere Dutzende von
Anliegern mit ihrer Bedenken und Wünschen "auf der Matte
stehen."
Machen wir uns nichts vor: Der oder die Betreiber eines
Windparkes möchten mit ihrer Investition Geld verdienen.
Sie haben kein Interesse daran, einen "Arbeiter-
und-Bauern-Windpark" zu finanzieren, bei dem
anschließend jeder die Hand aufhält und
Gewinnanteile beansprucht. Umgekehrt ist kein Anlieger
ernsthaft bereit, tatsächliche oder auch nur empfundene
Wertverluste an seinem Wohnumfeld, die er auf ein neu gebautes
Windrad zurückführt, mit Kleckerbeträgen
abspeisen zu lassen.
Die einzige Lösung heißt folglich auch hier, sich
allein an die gesetzlichen Regelungen zu halten: Jedes
Windradvorhaben muss individuell entsprechend der Gesetzeslage
geprüft und entschieden werden.
Der Weg aus dem Dilemma ...
Der Stadtrat hat nunmal
entschieden (übrigens: bei Gegenstimmen der FDP!),
über einer Tabuflächenanalyse eine "kollektive
Lösung" für denkbare Windparkstandorte zu suchen. Da
wir nicht davon ausgehen, dass die Stadtratsmehrheit diese
Beschlusslage verlässt, müssen wir unsere Vernunft
also dazu nutzen, auf dieser Grundlage sinnvolle
Lösungswege zu finden.
Da
die Stadtverwaltung bislang den Eindruck erweckt hat, der
Stadtrat könne neben den gesetzlichen Bestimmungen
zusätzliche eigene Kriterien festlegen, um die
Errichtung von Windkraftanlagen zu '"steuern", müssen
wir sie nun beim Wort nehmen und solche Regelungen
einfordern.
Die einfachste und klarste
Lösung wäre:
- Windkraftanlagen sollten an den Standorten erlaubt sein,
an denen der Abstand zur Wohnbebauung die dreifache
Höhe der Anlage (ausgehend von der
höchstmöglichen Bauhöhe) nicht
übersteigt.
- Mit dieser Maßgabe filtert die Stadt die
Flächen im Außenbereich heraus, die als Standort
für Windkraftanlagen prinzipiell geeignet sind, um
künftig nur dort
solche Anlagen zu genehmigen.
Eine solche Lösung brächte von vornherein eine
wesentlich höhere Planungssicherheit sowohl für
Wohnanlieger als für potentielle Windkraftanlagenbetreiber.
Zudem würde eine solche Lösung schnellere und
nachbarschaftsverträglichere Verfahren ermöglichen,
denn schließlich möchte sich niemand solche
Einzelfallprüfungen vorstellen, bei denen
Verwaltungsmitarbeiter samt Gutachter von Haus zu Haus gehen, um
beschwerdeführenden Anwohnern zu raten: "Stellen Sie doch
Ihr Sofa um, dann müssen Sie nicht mehr zum Fenster hinaus
die Windräder angucken!"
Ihre FDP-Stadtratsfraktion