Schwarzbauten in
Stevede? - Vom Campingplatz zum Wochenendhausgebiet
(Oktober
2010)
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Sehr geehrte Damen und Herren,
Unsere Städte und Dörfer wurden in den meisten Fällen
nicht "geplant", sondern haben sich im Laufe der Jahrhunderte
von selbst entwickelt:
Menschen ließen sich nieder, Häuser gruppierten sich,
Ortschaften entstanden. Etwas ähnliches hat sich nun in der
Bauernschaft Stevede
vollzogen. Doch heutzutage ist es
verboten, dass sich Menschen "einfach so" in der freien Natur ansiedeln
und eine Siedlung begründen ...
Das "Freizeitzeitrum
Waldfrieden - Zur Grünen Aue" in Stevede
An der K 57, von Coesfeld aus gesehen doppelt so weit
entfernt wie die
ehemalige Kaserne in Flamschen, fast schon in Hochmoor, gab es Anfang
der 70er Jahre den
"Campingplatz Drees". Doch er erwies sich bald als zu klein, und im
Laufe der Jahre wuchs er und wuchs er und wuchs er ... Heute ist er
mehr
als doppelt so groß wie ursprünglich genehmigt.
Parallel dazu änderte sich die Art und Weise, wie die
Campingplatzparzellen genutzt wurden. Dauercamper begannen, die
Stellplätze ihrer Wohnwagen einzufrieden und zu begrünen,
Wohnwagen wurden umbaut und in vielen Fällen wichen sie
schließlich einem schmucken Wochenendhäuschen. Im Zuge
dieser Entwicklung richteten sich die ersten Menschen dauerhaft auf dem
Gelände ein. Mittlerweile gibt es eine relativ große
Personanzahl, die auf diesem Campingplatz mit erstem Wohnsitz gemeldet
sind.
Heute erscheint das Gelände als eigene Siedlung, ja fast wie ein
eigenes Dorf mit zentralem Platz und sogar mit eigenem
Kinderspielplatz. An seinen engen Straßen drängen sich
Hütten und Häuschen, und sofern die gepflegten Hecken und
Zäune es zulassen, erblickt der Besucher ein buntes Nebeneinander
der verschiedensten individuellen Träume, die die
Häuschenbesitzer hier haben Wirklichkeit werden lassen.
Offenkundig gestaltet jeder Häuschenbesitzer sein kleines Anwesen
so, wie er möchte - ohne offizielle Bauvorschriften und erst recht
ohne städtische "Gestaltungssatzung". Das Ergebnis ist ein
heiteres und erfrischendes "Ortsbild" - eine Augenweise für den
Besucher. (Zur "Bilderstrecke" durch die Siedlung "Waldfrieden":
hier
"klicken").
Sicherheitsmängel
und fehlende behördliche Genehmigungen
Doch über dem Gelände
hängen dunkle Wolken.
Spätestes nachdem ein Feuerwehreinsatz offenbarte, dass es
Schwierigkeiten bei der Erreichung von Bränden gibt, ist es in den
Blick der Coesfelder Stadtverwaltung geraten. Bei verschiedenen
Brandschutzprüfungen und einer Ortsbegehung durch das
Bauordnungsamt ergaben sich "erhebliche Mängel".
Der Strauß an behördlichen Feststellungen ist
niederschmetternd:
- Ursprünglich war lediglich ein Campingplatz genehmigt worden.
Feste Einfriedungen waren auf dem Gelände ausdrücklich nicht
gestattet, die einzelnen Mietplätze sollten ausschließlich
durch "bodenständige Bäume und Sträucher" erfolgen.
Lediglich das Versorgungsgebäude sollte als festes Gebäude
(roter Ziegelbau mit dunklem Dach) errichtet werden dürfen. (vgl.
textliche Festsetzungen des Bebauungsplanes 54 "Campingplatz Drees" aus
dem Jahr 1973 - zum Bebauungsplan hier "klicken").
- Das Gelände wurde in der Folgezeit ohne jede Genehmigung um mehr als die doppelte Fläche erweitert.
- Die gültige "Campingplatz- und Wochenendhausverordnung"
erlaubt, dass Wochenendhäuser bis zu einer maximalen Grundfläche von 40 m²
errichtet werden dürfen, ohne dass von der
Bauaufsichtsbehörde eine Genehmigung einzuholen ist. Vor diesem
Hintergrund entstanden bald die ersten festen Behausungen, doch in der
Folge wurden viele Hütten und Häuschen Schritt für
Schritt über das zulässige Maß weiter ausgebaut. Andere
Wochenendhäuser wurden von vonrherein ohne jede behördliche
Genehmigung deutlich größer errichtet; z.T. werden heute
Wohnflächen von über 100
m² erreicht.
- Durch die zahlreichen überdimensionierten Häuschen
werden grundlegende Regeln des
Brandschutzes missachtet, weil die erforderlichen Abstände
zwischen den Bauten deutlich unterschritten werden.
- Die Stadtverwaltung registriert auf dem Gelände
verstärkt die Anmeldungen von
Hauptwohnsitzen. Melderechtlich ist ein Hauptwohnsitz auf einem
Campingplatz zulässig, da so ein ansonsten Wohnungsloser eine
Adresse erhält, unter der man ihn erreichen kann.
Planungsrechtlich ist es jedoch untersagt, sich dauerhaft in einem
Wochenendhausgebiet und erst recht auf einem Campingplatz
niederzulassen.
Problemlösung "per
Handauflegen" ...
Wie es zu der Entwicklung kam, konnte die Verwaltung nicht beantworten.
Obwohl ... der Campingplatz in Stevede ist nicht unbekannt;
sogar auf dem Stadtplan, der seit vielen Jahren vom Vermessungsamt der
Stadt Coesfeld herausgegeben wird, ist er markiert - und zwar in seiner
heutigen Ausdehnung!
Nun soll die Situation bereinigt werden, indem
nachträglich der
Flächennutzungsplan angepasst sowie ein neuer "vorhabenbezogener
Bebauungsplan" für das Gelände erstellt wird. Entsprechendes
beschloss der Ausschuss für Umwelt, Planen und Bauen auf seiner
Sitzung vom 27.10.2010.
Für das heutige Wochenendhausgebiet bedeutet das:
- Obwohl es ohne Genehmigung um mehr als das Doppelte erweitert
wurde, muss die Fläche nicht mehr verkleinert werden. Sie
erhält in seiner
heutigen Größe Bestandsschutz.
- Zahlreiche Häuschenbesitzer werden sich allerdings darauf
einrichten müssen, ihre Herbergen auf die erlaubte
Höchstgröße von 40 m² Grundfläche zu
verkleinern oder, wenn der Brandschutz es gebietet, gar ganz zu
entfernen.
- Das Dauerwohnen soll künftig unterbunden werden. Mit den
z.T. schon langjährig dort ansässigen Bewohnern sollen
"tragfähige Lösungen" gefunden werden, doch werden auch bei
ihnen "ordnungsbehördliche Verfahren" nicht ausgeschlossen.
Gleichbehandlung? - Die
Stellungnahme der Coesfelder FDP
Es wird gewiss Ärger entstehen, wenn die ersten Schwarzbauten auf
dem Campingplatz in Stevede "zurückgebaut" werden. Doch nicht
minder beunruhigend ist das ganze Geschehen um die illegale
"Waldfrieden-Siedlung".
Man halte sich vor Augen, was dort passiert ist: Da hat jemand seinen
Campingplatz ohne jede Genehmigung auf mehr als Doppelte
vergrößert. Und nicht nur das: Die Wohnwagen der Dauercamper
haben sich zu einem erheblichen Teil in schmucke kleine
Wochenendhäuschen verwandelt. Wie ist so etwas möglich?
Vor diesem Hintergrund hat FDP-Fraktionschef Wolfgang Kraska auf der
Sitzung des Bau- und Planungsausschusses vom 27.10.2010 gefragt, ob und
wie der verantwortliche Campingplatzbetreiber zur Rechenschaft gezogen
wird. Doch die Verwaltung wich genau in diesem Punkt aus und verwies
auf die "insgesamt verfahrene Lage". Vielmehr soll nun in
Zusammenarbeit mit dem heutigen Platzbetreiber für den
gesamten Campingplatz (legaler und illegaler Teil) ein Bebauungsplan
aufgestellt werden, einschließlich klarer Richtlinien für
Häusergröße,
Brandschutz etc. Ein solcher Plan käme gewiss den
Wochenendhausbesitzern zugute. Ihr kleines Anwesen, das sie im
Vertrauen auf ihren Verpächter errichtet haben, könnte auf
diesem Wege nachträglich legalisiert werden. (Nebenbei: Dieser
Aspekt war der Grund, warum auch die FDP der Aufstellung eines neuen
Planes zugestimmt hat).
Aber andererseits beschert er dem
Campingplatzbetreiber ratz-fatz ein hübsches, großes und nun
legales
Wochenendhausgebiet mitten im Grünen! - Doch was ist, wenn
dieses Beispiel Schule macht? Wann wird der nächste Landwirt auf
die Idee kommen, ein paar Wiesen als Wochenendhausgrundstücke zu
verpachten, um sich Jahre später die Anlage legalisieren zu
lassen? Unterm Strich ist der Vorgang
unglaublich!
Andere Coesfelder Bürger warten mitunter Jahre, um einen
Bauantrag oder auch nur einen Umbau am eigenen Gebäude
letztlich genehmigt zu bekommen. Schon ein paar zusätzliche
Lampen, die ein
Ladeninhaber an seiner Hausfassade anbringen möchte, können
unendliche behördliche Auseinandersetzungen nach sich ziehen. Aber
man stelle sich vor, der Hauseigentümer würde es wagen, diese
Lampen ohne Genehmigung anzubringen! Oder jemand würde einfach so
seine Dachwohnung ausbauen! Oder das Werbeschild über dem Eingang
eines Händlers würde nur 5 cm zu niedrig
hängen!
Städtische Pläne sind dazu da, die Entwicklung der Stadt,
aber auch der eigenen Naturflächen zu lenken. Dadurch können
sie dem
Bürger nützen, denn es wird Rechts- und Planungssicherheit
geschaffen. Aber Pläne müssen auch eingehalten werden, und
zwar von allen! Bei der Coesfelder FDP
haben wir immer mehr den Eindruck, dass genau das in Coesfeld nicht
gilt. Pläne, so scheint es, werden nicht zum Wohle der Bürger
aufgestellt, sondern um die Verwaltung mit möglichst viel Arbeit
zu versorgen ...
Ihre
FDP-Stadtratsfraktion