Hier vor Ort
(zurück zur Hauptseite)

Haushaltskonsolidierung in Coesfeld: Die Kriterien der Liberalen
(September 2010)


Für fachlich stärker Interessierte:


Sehr geehrte Damen und Herren,


die Welt ist ständigen Veränderungen unterzogen. Die Bevölkerungszahl wird auch in Coesfeld sinken, und das bedeutet: Immer weniger Menschen müssen den Staatsapparat und seine Leistungen finanzieren. Der Staat - und auch die Stadt Coesfeld! - muss mittelfristig lernen, mit weniger Geld und weniger Personal auszukommen.

Dennoch wollen wir eine leistungsfähige Stadt, die ihren Bürgern möglichst viel zu möglichst guter Qualität anbieten kann. Tägliche "Sparsamkeit", oder besser: Eine schuldenfreie Stadt mit einer effizienten und gut organisierten Verwaltung kann dieses leisten. Je weniger Kredite getilgt und je weniger Kreditzinsen aufgebracht werden müssen, umso mehr Geld verbleibt in der Kasse. Je weniger Mittel auf verschlungenen Verwaltungswegen verplempert werden, umso mehr sinnvolle Leistungen können für die Bürger unserer Stadt erbracht werden.

In Kurzfassung:
Die Forderungen der FDP an den Coesfelder Haushalt


Die FDP Coesfeld kann künftigen städtischen Haushalten nur zustimmen, wenn grundsätzlich die folgenden Kriterien erfüllt sind:  
  • Die Haushaltsplanung muss zum Ziel haben, dass mittelfristig die städtischen Erträge gleich den städtischen Aufwendungen sind. "Gute" Haushaltsjahre sind zu nutzen, um finanzielle Polster zu bilden, damit in "schlechteren" Jahren die Defizite ausgeglichen werden können.

  • Steuer- und Abgabenerhöhungen sind zu vermeiden; sparsames wirtschaften hat absoluten Vorrang!

  • Abschreibungen dienen dazu, finanzielle Mittel für die Erneuerung städtischen Vermögens bereitzustellen. Somit muss die Höhe der Investitionen in das bestehende Anlagevermögen mittelfristig der Höhe der Abschreibungen entsprechen (weitige wichtige Details dazu: hier klicken). Nur so kann gewährleistet werden, dass sich keine neuen Investitionsstaus ergeben und Coesfeld nicht von seiner Vermögenssubstanz lebt.

  • Pensionsrückstellungen dienen - wie schon der Name sagt - dazu, die Zahlung von Pensionen an zukünftige Coesfelder Ruhestandsbeamte sicherzustellen. Die auf diesem Wege erwirtschafteten finanziellen Mittel müssen möglichst krisensicher angelegt werden.

  • Somit ergibt sich der maximale Spielraum für die städtischen Aufwendungen, der sich im Groben wie folgt errechnet:
    Summe der Erträge 
-   Summe der Abschreibungen
-   Pensionsrückstellungen 
=  Spielraum für Politik und Verwaltung, um Leistungen zu erstellen.

Der so errechnete Spielraum muss vor der Aufstellung des Haushaltes errechnet und als zentraler Eckwert der Verwaltung vorgegeben werden. Oder als einfache Formel ausgedrückt:

"DAS ist die Summe, die wir an Aufwendungen höchstens haben dürfen, und AUF DIESER GRUNDLAGE müssen die neuen Ausgaben geplant und der neue Haushalt aufgestellt werden!"


Auch in Zukunft müssen wir mit "mageren Jahren" mit hohen Einnahmeausfällen rechnen, die es zu überbrücken gilt. Die Höhe der Staatseinnahmen, und damit auch die Höhe des Betrages, die der Steuerzahler der Stadt Coesfeld zur Verfügung stellt, hängt in ganz erheblichem Maße von der wirtschaftlichen Lage ab. Je besser es der deutschen Wirtschaft geht, umso höher sind auch die Steuereinnahmen und umso mehr kann sich der Staat "leisten", bis hinunter in die Städte und Gemeinden.

Noch letztes Jahr standen die Prognosen voll und ganz im Schatten der globalen Wirtschaftskrise. Hohe Einnahmeeinbrüche wurden erwartet, und auch die Stadt Coesfeld rechnete mit hohen städtischen Haushaltsdefiziten für die kommenden Jahre. Etwa 4,5 Mio €, so überschlug Bürgermeister Öhmann, müsse Coesfeld in den nächsten im Rahmen seines Haushaltes sparen, um nicht in die Haushaltssicherung - eine Art "kommunales Insolvenzverfahren" - zu rutschen.

Doch in den letzten Wochen mehren sich auch im Münsterland die Anzeichen für einen Wirtschaftsaufschwung. Wenn auch nicht sofort, so ist zu erwarten, dass die städtischen Einnahmen schon bald wieder deutlich besser sprudeln werden.

Licht am Ende des (finanziellen) Tunnels ... bedeutet das eine Entwarnung für die Sparbemühungen in unserer Stadt? Kann unsere Stadt, was ihr Ausgaveverhalten anbelangt, schon bald wieder so weitermachen wie bisher?

Die Coesfelder Liberalen meinen: Nein! Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage wieder verbessert, muss Coesfeld umdenken, um künftig einen gesunden und zukunftsfähigen Haushalt zu haben.

Vor diesem Hintergrund hat die Coesfelder FDP vier Kriterien aufgestellt. Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, ist die Stadt auch mittel- und langfristig gewappnet, um ihren Bürgern bestmögliche Leistungen bereitzustellen.


1.) Coesfeld braucht eine "neue Ausgabementalität"!

Auch eine Stadt kann unterm Strich nicht mehr Geld ausgeben, als in den Kassen und auf den Konten vorhanden ist. Auch unsere Stadt muss lernen, mit dem vorhandenen Geld auszukommen. Die zentrale Frage künfiger Haushaltsentwürfe darf künftig nicht mehr lauten: "Wieviel Geld brauchen wir ...?" , sondern: "Wieviel Geld haben wir, um die städtischen Aufgaben zu erfüllen?"

Wirtschaftlich gute Jahre, in denen die Einnahmen sprudeln, müssen genutzt werden, um Rücklagen zu bilden. Von diesen Rücklagen könnte die Stadt in wirtschaftlich schwächeren Jahren zehren, ohne ihre Gestaltungskraft und  Handlungsfähigkeit einzubüßen.

Auf die Zahlen des Haushalts bezogen heißt das: Mittelfristig - also über die Spanne von etwa fünf Jahren - müssen die städtischen Aufwendungen und Erträge ausgeglichen sein. Zwar wird es in wirtschaftlich schlechteren Jahren nicht zu verhindern sein, dass die Stadt ein Defizit erwirtschaftet. Doch muss darauf geachtet werden, dass in besseren Jahren diesen Defiziten durch entsprechende Überschüsse vorgebaut wird.

Die Aufstellung des Haushaltes muss im Rahmen des tatsächlichen wirtschaftlichen Spielraumes unsere Stadt erfolgen. Somit muss jedes Jahr als erstes in Form eines Eckwertebeschlusses festgelegt werden, wie hoch die Aufwendungen im kommenden Haushaltsjahr sein sollen. Mit dieser wichtigen Vorgabe muss dann der Kämmerer den neuen Haushaltsentwurf aufstellen.


2.) Das städtische Vermögen muss gepflegt und dauerhaft erhalten werden

Bisher waren Politik und Verwaltung daran gewöhnt, das vorhandene Geld bis auf den letzten Cent auszugeben. An den Aufwand, der für den dauerhaften Erhalt der städtischen Gebäude und Einrichtungen erforderlich ist, wurde zu keinem Zeitpunkt auch nur gedacht, ebensowenig wie an Rücklagen für die städtischen Beamtenpensionen. Diese Art von Haushaltsführung geht so lang gut, wie die Kasse einigermaßen voll ist und alles ordnungsgemäß funktioniert. Doch spätestens wenn dann plötzlich ein Dach undicht ist oder eine Heizungsanlage saniert werden muss ... dann fehlt schnell das Geld, weil alles längst für andere Aufgaben, Projekte usw. verplant ist. 

Eine Stadt könnte in dieser Situation einfach einen Kredit aufnehmen oder, wenn auch das nicht mehr hilft, die eigenen Steuern (Grundsteuern A und B, Gewerbesteuer ...) erhöhen. Ein Bürger kann das jedoch nicht. Ein Arbeitnehmer kann von seinem Arbeitgeber nicht einfach einen höheren Lohn erwarten, nur weil ihm die Ausgaben über den Kopf wachsen. Ein Geschäftsmann kann nicht einfach die Preise erhöhen, um eine Notlage durch höhere Einnahmen auszugleichen - er liefe Gefahr, schnell Kunden zu verlieren! Jeder Kaufmann berücksichtigt die Abnutzung an seinem Eigentum, indem er entsprechende Abschreibungen in seine Kostenrechnung einbezieht. Auch der Privatmann, der sein Eigentum dauehaft erhalten möchte, tut ähnliches: Er bildet Rücklagen, auf die er im Bedarfsfall zurückgreifen kann.

Konkret für Coesfeld bedeutet das: Die bisherigen Haushaltsansätze gehen von Abschreibungen und  Pensionsrückstellungen für städtische Beamte aus, die in ihrer Höhe die städtische Erfolgsrechnung um zusammen etwa 3,1 Mio. € belasten.

Doch die bisherige Haushaltspolitik unserer Stadt versucht nach wie vor, die vorhandenen Mittel bis zum letzten Cent im "Tagesgesgeschäft" auszugeben - leider ohne Berücksichtigung von Abschreibungen und notwendigen Rückstellungen. Somit ergibt sich faktisch ein strukturelles Defizit im Coesfelder Haushalt - ein strukturelles Defizit, das so lange bestehen wird, wie die Stadt nicht gelernt hat, ebendiese 3,1 Mio € im "Tagesgeschäft" einzusparen. Die so freigesetzten Mittel stünden dann zur Verfügung, um
  • Investitionen in die Vermögenssubstanz zu bezahlen (anstelle weiterhin die städtische Substanz aufzuzehren, indem notwendige Renovierungen verzichtet wird) sowie
  • künftige Pensionszahlungen abzusichern und damit auch kommende Generationen so weit es geht von dieser Last zu befreien.
Somit würde sich ein konsolidierter städtischer Haushalt insbesondere dadurch auszeichnen, dass die Mittel für die gewöhnlichen Investitionen in das städtische Eigentum im Durchschnitt über die Jahre den jährlichen Abschreibungsbeträgen entsprächen.

(Hinweis für "Detailkenner in Haushaltsfragen": Viele Vermögensgegenstände - wie z.B. Wohnstraßen oder Schulbauten - sind nicht allein von der Stadt, sondern zusätzlich über Anliegergebühren, Landeszuschüssen usw. finanziert worden. Somit ergibt sich parallel zu den Abschreibungen eine Auflösung von Sonderposten, die sich in der Erfolgsrechnung als Ertrag auswirkt. Diesen Zusammenhang muss insofern Rechnung getragen werden, als von der Gesamtsumme der Abschreibungen die Erträge aus der Auflösung als Sonderposten abgezogen werden müssen. Oder aus Sicht des Investitionsbedarfs ausgedrückt: Soll in ein Bauwerk oder eine Einrichtung reinvestiert werden, sind neben dem städtischen Anteil zusätzlich die Höhe der erforderlichen Beiträge, Zuschüsse etc. zu berücksichtigen). 


3.) Keine Steuerhöhungen!

Wenn Geld fehlt, neigt auch Politik wie Verwaltung dazu, den einfachsten Weg zu gehen. Und der einfachste Weg besteht nunmal darin, den Bürgern in die Tasche zu greifen und die Steuern zu erhöhen. In einer Stadt oder einer Gemeinde sind diese Steuern in erster Linie die Grundsteuer A und B sowie die Gewerbesteuer.

Viel schwieriger ist es, das eigene Ausgabeverhalten kritisch zu beobachten, Arbeitsabläufe zu verbessern, Sparmöglichkeiten zu suchen. Doch leider trägt jede Verwaltung im innersten ihres Herzens den allzu menschlichen Hang, solche Aufgabenstellungen möglichst zu umgehen. Effizienz und optimiertes Arbeiten steht für den durchschnittlichen "Verwaltungsmenschen" beiweitem nicht an erster Stelle der Beliebtheitsskala. Viel wichtig ist es zunächst, dass die Verwaltung überhaupt funktioniert und genügend Aufgaben hat - und dass man ihn, den Verwaltungsmitarbeiter, zur Erfüllung dieser Aufgaben braucht, zur Not koste es, was es wolle!

Auch die Politik trägt mit ihren Beschlüssen dazu bei, dass Kosten explodieren und sich die Verwaltung über viel Arbeit freuen kann. Man denke nur an unnötig komplizierte Bebauungspläne u.ä., dessen Anwendung sowohl den betroffenen Bürgern als auch der Verwaltung enorme Anstrengungen abverlangt.
 
Die Zeche zahlen am Ende die steuerzahlenden Coesfelder Bürger über ihre Steuern und Abgaben. Aber auch die "kleinen" Verwaltungsmitarbeiter, die am unteren Ende der Befehlskette sitzen, leiden darunter. Denn wenn sich Arbeit türmt, dann auf ihren Schreibtischen - und nicht auf denen der vorgesetzten Stellen!

Die FDP stellt sich dieser schwierigen Aufgabe. Wir wollen in der heutigen Zeit auf Steuererhöhungen verzichten. Statt dessen möchten wir zusammen mit der Verwaltung und den anderen Parteien nach echten Lösungen suchen, wie in der Stadt Coesfeld "gespart" werden kann!


4.) Coesfeld muss "richtig" sparen und wirtschaften!

Wie jede Familie kann auch unsere Stadt in eine wirtschaftliche Notlage kommen. Doch wer als Familienoberhaupt dann darauf verzichtet, seine Miete nicht mehr zu bezahlen oder das Auto zu reparieren, mit dem der Hauptverdiener jeden Morgen zur Arbeit fahren muss, handelt kurzsichtig.

Es muss an den richten Stellen, und es muss konsequent gespart werden!

Selbstverständlich ist es wichtig, zunächst die Leistungen zu überprüfen, die unsere Stadt für ihre Bürger bereitstellt. Ist wirklich all das notwendig, was Coesfeld im Rathaus für die Allgemeinheit erbringt? Ein Beispiel: Macht es wirklich Sinn, dass eine Fahrradstadt wie Coesfeld eine Kampagne durchführt, um den Coesfeldern das Fahradfahren schmackhafter zu machen? Doch mit der in diesem Sommer gestarteten "Pro-Fahrrad-Kampagne" fallen nicht nur Materialkosten, sondern auch unzähliche Arbeitsstunden hochbezahlter Coesfelder Verwaltungsmitarbeiter an - und das angesichts der Tatsache ist, dass bereits 30 % des öffentlichen Straßenverkehrs Fahrradverkehr ist!

Ebenso muss überprüft werden, ob gewisse Leistungsniveaus deutlich niedriger angesetzt werden. Ein Beispiel: Müssen unsere Bebauungspläne derartig kompliziert sein, dass es allen Beteiligten Unmengen an Anstrengung abverlangt, um den detaillierten Einzelvorschriften Genüge zu tun? Abgesehen davon, dass umfangreiche Bebauungspläne mit vielen detaillierten Einzelvorschriften die Bürger unnötig bevormunden - die vielen Detailvorschriften sind dafür verantwortlich, dass die Bearbeitung vieler Bauanträgen nach wie vor viel zu lang dauert. Das kostet nicht nur viel Zeit, sondern auch einen erheblichen Verwaltungsaufwand!

Verbesserte Arbeitsabläufe bieten ebenfalls enormes Sparpotential. Sie wissen aus Ihrer persönlichen Erfahrung doch selbst: Wenn Sie ihren Einkaufszettel, mit dem Sie einkaufen gehen wollen, nicht mehr selbst schreiben, sondern von einem anderen schreiben lassen, dann müssen sie den Einkaufszettel trotzdem noch überprüfen und gegebenenfalls korrigieren - und damit haben Sie schnell mehr Arbeit, als wenn Sie den Zettel gleich selbst geschrieben hätten. In Verwaltungen finden wir häufig dieses Phänomen, dass mit unnötig komplizierten Arbeitsabläufen Personal unnötig beschäftigt wird. Ein Beispiel aus Coesfeld:  Warum wird ein neues Parkraumbewirtschaftungskonzept in dem einen Fachbereich (FB 60) erstellt, in einem anderen Fachbereich (FB 70) dann aber umgesetzt? Warum wählt Coesfeld nicht den Weg, im Sinne einer modernen und optimierten Verwaltung die Parkraumbewirtschaftung unter eine (!) Verantwortung zu stellen?

Schließlich muss die Frage gestellt werden, welche Verbesserungsmöglichkeiten durch Kooperationen zwischen  benachbarten Städte und Gemeinden erreicht werden können, indem z.B. bestimmte Verwaltungsleistungen zusammengelegt werden. Ein Beispiel: Ist es erforderlich, dass jede Gemeinde und jede Stadt eine eigene Personalabteilung hat? Warum sollen nicht mehrere Städte und Gemeinden ihr Personal gemeinsam verwalten? Wir fordern von der Stadt Coesfeld, Kooperationsmöglichkeiten mit dem Kreis bzw. mit benachbarten Kommunen auszuloten, um mittelfristig Teilbereiche ihrer Verwaltungen zusammenzulegen. Auf diesem Weg kann viel gespart werden - insbesondere an teuren Personalaufwendungen!

Apropos Personalaufwendungen ...: Gute Verwaltungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Produktivität ständig verbessern. Arbeitsabläufe funktionieren reibungslos, anfängliche Schwierigkeiten bei einer neuen Aufgabe sind bald gelöst, die Arbeitsanforderungen entspannen sich, weil eingearbeitete Mitarbeiter bessere und einfachere Wege gefunden haben, um ihr Arbeitssoll zu erledigen. Auf diesem Weg wird ständig Arbeitskapazität frei - so lehren es sowohl die Erfahrungen als auch die die personalwirtschaftliche Theorie. Somit ist die Reduzierung des Stellenplans stets ein untrügliches Zeichen für "echtes Sparen" in einer Verwaltung.

Auch und gerade an den Personalkosten muss gespart werden - allerdings geht das nicht von heute auf morgen, sondern nur mittelfristig in dem Maße, wie Stellen durch Pensionierungen frei werden und auf eine Neubesetzung verzichtet wird.


Ihre FDP-Stadtratsfraktion