Coesweb.de
liberales Nachrichtenarchiv für Coesfeld
 (zurück zur Hauptseite)

 
Die Handlungsfähigkeit unserer Stadt erhalten!
(Städtischer Haushalt 2009: Haushaltsrede der FDP)

(29. Januar 2009)



Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren!

Um es vorwegzuschicken: Wie schon im vergangenen Jahr wird die FDP auch diesen Haushalt ablehnen, und zwar aus denselben Gründen wie im vergangenen Jahr.
Kraska

Sparsam Wirtschaften: Für eine neue Haushaltsmentalität!

Unsere Ablehnungsgründe sind grundsätzlicher Natur. Wir wollen die Leistungsfähigkeit unserer Stadt auf Dauer erhalten, indem wir bei Verwaltung und Politik um eine neue Haushaltsmentalität werben. Das Prinzip der Sparsamkeit muss viel stärker als bisher beachtet werden. “Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not”, sagt schon der Volksmund.  Auf gut Deutsch ausgedrückt, heißt das: “Wenn Du Geld hast, haue nicht gleich alles auf den Kopp, sondern überlege, dass Du auch morgen was zum Ausgeben brauchst.” Nach uns kommen unsere Kinder und Enkel. Es ist unsere Pflicht, Ihnen eine funktionierende und keine handlungsunfähige Stadt zu hinterlasen. 

Diesem Haushalt fehlt das klare Sparziel, fehlt die klare Sparvorgabe. Mit einem Haushalt wie diesem laufen wir Gefahr, über kurz oder lang unsere Handlungsfähigkeit zu verspielen.

Trotz unserer Ablehnung möchten wir die positiven Aspekte und insbesondere die Leistungen unseres Bürgermeisters ausdrücklich würdigen.

In vorbildlicher Weise setzt er sich für die Entwicklung der Kaserne in Flamschen zu einem Gewerbe- und Industriegebiet ein. Diese Anstrengungen finden die volle Unterstützung der FDP, denn Coesfeld braucht Gewerbefläche und auch industrielle Gewerbeflächen! Nur eine breit gefächerte Wirtschaftsstruktur sichert die Stärke unserer Stadt auch in Krisenzeiten.

Auch sein Bemühen, eine Außenstelle der Fachhochschule nach Coesfeld zu holen, findet unsere uneingeschränkte Unterstützung. Bislang müssen alle unsere Abiturienten Coesfeld verlassen, wenn sie eine Universität besuchen möchten. Es wäre schön, wenn es zumindest eine Möglichkeit gebe, um hier - zu hause - zu studieren. Der Anschluss an eine wissenschaftliche Einrichtung ist EIN MUSS für ein aufstrebendes Mittelcentrum wie Coesfeld.

Zudem ist es Herrn Bürgermeister Öhmann im Laufe seiner Amtszeit gelungen, die städtischen Schulden deutlich herunterzufahren. Das ist eine Leistung, die wir ausdrücklich hervorheben! Insbesondere im letzten Jahr konnten Verbindlichkeiten außerplanmäßig getilgt werden, weil aufgrund der unerwartet guten Wirtschaftslage zum Jahresbeginn die notwendige Liquidität bereitstand.

Eine der größten Sünden unserer Generation ist der Berg an Schulden, den wir den nachfolgenden Generationen über/hinterlassen. Somit ist der Abbau der Schulden eine richtige Politik zum Wohle unserer Stadt.


Der konsequente Sparwille fehlt!

Aber dennoch werden wir den Haushalt ablehnen - insbesondere weil wir trotz dieses letzten Punktes den konsequenten Sparwillen in diesem Haushalt vermissen. “Sparen” ist nicht nur das Tilgen von Schulden. “Sparen” muss konsequent weiterbetrieben werden, eine zukunftsgerichtete Sparsamkeit gehört zum Tagesgeschäft und muss ein Grundprinzip des städtischen Haushalts sein.

Wir beraten heute den dritten Haushalt unter dem “Neuen Kommunalen Finanzmanagement”. Das “Neue Kommunale Finanzmanagement” - ein wichtig klingender, Ehrfurcht gebietender Begriff. Dahinter verbirgt sich ein neues Rechnungswesen für unsere Stadt, das bewusst sehr stark an ein kaufmännisches Rechnungswesen angelehnt ist. Mit ihm sollte vieles besser werden, denn es sollte ein Instrument sein, mit dem wir als Stadt nun klarer, besser, vernünftiger wirtschaften können.

Seien Sie mir bitte nicht böse, wenn ich Ihnen - vielen von Ihnen! - nun vorhalte:

Der Geist des neuen Rechnungswesens scheint bei vielen noch nicht eingekehrt zu sein. Sie verhalten sich genau wie früher, indem Sie die zur Verfügung stehenden Mittel an liebsten bis auf den letzten Cent - und noch darüber hinaus! - ausgeben wollen. Natürlich wollen Sie das Alles zum Wohl der Bürger tun. „Gute Politik“ bedeutet in Ihrer Logik, möglichst viel Geld zum Wohle der Bürger auszugeben.  Folglich ist „Bessere Politik“ … NOCH MEHR Geld auszugeben. Nun HABEN wir aber nicht noch mehr Geld, und also klagen Sie und jammern den längst vergangenen Zeiten hinterher, als die Kassen noch gut gefüllt waren.

Schon frühere Generationen haben den Fehler gemacht, das vorhandene Geld munter und restlos auszugeben. Schon früher haben die Politiker unserer Stadt vergessen, den Haushalt ZUKUNFTSGERICHTET zu planen, indem sie etwas zurücklegen, etwas sparen, um zukünftige Folgekosten aufzufangen. Und heute haben wir die Probleme damit! Diese Politik war und ist eine skandalöse und egoistische Lösung der Generationenfrage, denn SO überlassen die Lösung der Probleme immer nur denen, die da nach uns kommen. Wir müssen damit aufhören!


Abschreibungen sind richtig und notwendig!

Auch die Verwaltung hat dieses alte Denken noch lange nicht abgelehnt. Immer wieder ist auch aus Ihren Worten zu entnehmen, wie sehr Ihnen der Grundgedanke des neuen Rechnungswesens gegen den Strich zu gehen scheint. Da ist dann von “NKF-bedingten Belastungen” die Rede. “NKF-bedingte Belastungen erschweren den Haushaltsausgleich”, heißt es im Vorbericht zum Haushaltsentwurf auf Seite 28, der dann sofort konkret wird. Insbesondere stören Sie sich an den Abschreibungen, die in der Ergebnisrechnung eines NFK-Haushalts enthalten sein müssen.

Na klar: OHNE die Abschreibungen in Höhe von 6,1 Millionen Euro hätten wir KEIN Defizit von fast vier Millionen Euro, sondern einen ÜBERSCHUSS von über 2 Millionen Euro! Nicht auszudenken, was man mit diesem Geld ZUSÄTZLICH alles machen könnte! ABER VORSICHT: Auch DIESES Geld wäre dann AUSGEGEBEN und stünde nicht für eine zukunftsgerichtete Haushaltsführung zur Verfügung.

Jeder Geschäftsmann weiß: Abschreibungen sind ein wichtiges Instrument, um den Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Über die Abschreibungen erhalten wir unser städtisches Vermögen. Sie sind bereits ein erstes Sparinstrument, denn indem wir auf unser abnutzbares Anlagevermögen Abschreibungen berechnen, legen wir uns selbst einen Riegel vor, um nicht alles Geld im politischen Tagesgeschäft auszugeben.

Seien wir vielmehr FROH über diese Abschreibungen, denn sie bewahren uns davor, mehr städtische Mittel zu verbrauchen, als unserer Stadt und den nachfolgenden Generationen gut tut.

Zurück zum Haushaltsentwurf: Sein Ansatz ist immer noch viel zu sehr dem alten Denken verhaftet. Immer noch geben wir uns alle Mühe, das Geld möglichst mit vollen Händen auszugeben. Diesem Haushalt fehlt etwas ganz wesentliches: Es fehlt der durchgängige Wille zur Sparsamkeit.

Die aktuelle Ergebnisrechnung dieses Haushaltsplanes geht für das Jahr 2009 von einem Defizit in Höhe von etwa 3,8 Millionen Euro aus. Rote Zahlen also, die wir als Stadt Coesfeld – und damit jeder Bürger der Stadt Coesfeld - selbst schultern müssen.

Wir können nicht so verfahren, wie der Landkreis es tut. Der Landkreis kann, anstatt im eigenen Hause zu kehren und selber zu sparen, seine roten Zahlen z.T. weiterreichen, indem er schlicht die Gemeindeumlage erhöht und damit auch in unsere Stadtkasse greift. Wir können unsere roten Zahlen nicht weiterreichen. Wir müssen mit den Mitteln auskommen, die uns zur Verfügung stehen, und das heißt: Wir müssen sparen!


Abwasserwerk und Stadtwerke sind keine "Goldesel"!

Doch den Sparwillen voranzutreiben, ist nicht attraktiv. Um das bisherige großzügige Ausgabengebahren beibehalten zu können, ist es für die politische Mehrheit und die Verwaltungsführung verlockender, auf auch künftig sprudenlde Einnahmen zu setzen. Dazu gehören auch die Gebühren, die unsere kommunalen Unternehmen für ihre Leistungen erheben. Mit Unbehagen nehmen wir als FDP zur Kenntnis, dass die Stadt auch diese Einnahmequellen ausreizt, um beim Bürger möglichst viel zusätzliches Geld einzunehmen.

In unsere Abwassergebühren ist eine Kapitalverzinsung von 6,25 % eingerechnet. Auf diesem Wege erwirtschaftet das Abwasserwerk jährlich Gewinne von etwa 1,5 Millionen Euro, von denen jedes Jahr 600.000 bis 700.000 Euro in die Stadtkasse fließen sollen. Genauso waren die Stadtwerke in der Vergangenheit so etwas wie ein städtischer Goldesel. Trotz der hohen Verluste der Bäder- und Parkhäuser, die die Stadtwerke auffangen müssen, blieben bislang jedes Jahr noch ein paar hunderttausend Euro für das Stadtsäckel über.

Doch während die Abwasserkunden keine andere Möglichkeiten haben, als die Gebühren zu bezahlen, die das Abwasserwerk von ihnen fordert, sieht das bei den Stadtwerken seit einiger Zeit anders aus. Mittlerweile gibt es zahlreiche andere Anbieter von Strom und Gas - der Coesfelder MUSS nicht mehr Kunde der Stadtwerke sein!

AufwendungenWie viele Kunden mittlerweile abgewandert sind und wie die Ertragsentwicklung bei den Stadtwerken aussieht, wissen wir noch nicht - aber wir befürchten für die Zukunft schlimmes. Auch die einst stolzen Stadtwerke drohen aufgrund ihrer hohen Strom- und Gaspreise zu einem städtischen Verlustbringer zu werden. Die Möglichkeiten, zusätzlich beim Bürger abzukassieren, reduzieren sich also! Das gesamte Problem können wir nur lösen, wenn wir in unserer Stadt INSGESAMT zu mehr Sparsamkeit kommen.

Doch der konsequente Sparwille fehlt. Statt dessen läuft unsere Stadt Gefahr, sehenden Auges in die Haushaltssicherung und damit in die Handlungsunfähigkeit zu laufen. Jahr für Jahr summieren sich die Defizite und führen schnurstraks in die Haushaltssicherung. Die Stadt Coesfeld kann nicht unbegrenzt und Jahr für Jahr Defizite schreiben. Maximal 12 Millionen Euro beträgt der Betrag, der als sogenannte Ausgleichsrücklage im Rahmen der städtischen Bilanz insgesamt zur Verfügung steht. Wird dieser Betrag überschritten, fällt unsere Stadt unter die Vorschriften der Haushaltssicherung und das bedeutet: Dann ist Coesfeld handlungsunfähig!


Coesfeld vor der Haushaltssicherung?

Bei dieser Frage lohnt sich auch ein Blick in die alten Haushaltsbücher. Wir stellen dabei fest, dass sich von Haushaltsjahr zu Haushaltjahr die geplanten Defizite verschlimmern. Während wir im Jahr 2007 noch glaubten, schon bald sei die Zeiten der roten Zahlen vorbei, sind nun durchgängig Defizite bis ins Jahr 2012 geplant (vgl. obige Grafik ""Entwicklung der geplanten Aufwendungen ...").

DefiziteRechnen wir die vorliegenden Zahlen einmal durch! Im Jahr 2007 hatten wir bereits 5 Millionen Defizit - Sie erinnern sich, damals waren die Gewerbesteuerzahlungen unerwartet in großer Höhe eingebrochen. Für das Jahr 2008 planten wir mit einem Defizit von einer Million Euro. Im Jahr 2009 sollen nun 3,8 Millionen hinzukommen, 2010 weitere 2,5 Millionen, 2011 wiederum 1,4 Millionen und selbst noch im Jahr 2012  weitere 0,7 Millionen Euro. Wer kurz mitgerechnet hat, stellt fest, dass die 12 Millionen Höchstsumme an Defiziten schon auf halber Strecke erreicht war.

Zwar wird versucht, das Bild nicht allzu dramatisch erscheinen zu lassen, indem hohe Ertragserwartungen dagegengesetzt werden. Doch die erwarteten Erträge sind – mit Verlaub gesagt - aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen höchst fragwürdig und mehr von Wunschdenken, als von Realität geprägt. Auch deutet der Vorbericht zu diesem Haushalt an, dass der Abschluss für die vergangenen Geschäftsjahre besser ausfallen wird als angenommen. Anstelle des Defizits könnte sich in 2008 vielleicht sogar ein kleiner Überschuss ergeben.

Doch damit wird die Gefahr der Haushaltssicherung nur weiter hinausgeschoben. Der mögliche Überschuss des Jahres 2008 ist schließlich nur deswegen möglich, weil sich zu Beginn des Jahres 2008 die Wirtschaftslage unerwartet gut entwickelt hatte. Wir befanden uns in einem wirtschaftlichen Aufschwung und auch in der Stadtkasse “rollte der Rubel” unerwartet gut. Doch JETZT hat die Finanzkrise diesen Aufschwung abgewürgt, und nun stehen wir am Beginn einer Abschwungphase, von der niemand weiß, wie stark sie ausfallen und wie lange sie dauern wird.

Eines MUSS uns klar sein: Die Einnahmen WERDEN deutlich geringer sein als hier vorausgesagt sind, davon MÜSSEN wir ausgehen.


FDP-Forderung: Konsequentes Sparziel für die Stadtverwaltung!

Vor diesem Hintergrund halten wir es für unumgänglich, den Haushalt mit einem Sparauftrag zu versehen. 4 % aller Aufwendungen, die durch die Stadt beeinflussbar sind, sollten nach unserem Vorschlag in jedem Fachbereich eingespart werden.

Der Aufschrei und die Ablehnung der anderen Parteien waren enorm. “Das ist doch gar kein richtiger Sparvorschlag!” wurde uns vorgehalten – doch damit zeigen Sie nur, wie sehr Sie dem alten Denken verhaftet sind.

Denn Ihrer Logik folgend müsste der Stadtrat ablehnen, die augenblicklich diskutierte Mensa im Schulzentrum (vgl. Schulzentrum: Pädagogisches Zentrum in Gefahr? (Jan 2009) zu bauen. Ob mit ohne oder Fördermittel - angesichts der Haushaltszahlen reicht das Geld hinten und vorn nicht! Doch wir brauchen eine Übermittagbetreuung, eine Mensa oder ähnliches am Schulzentrum! Und damit wir sie uns leisten können, müssen wir anderswo sparen, was wir können!

Es bleibt uns gar keine andere Wahl, als auch im Tagesgeschäft, in der tagtäglichen Aufgabenerfüllung hart zu sparen. Und wer weiß besser als der Mitarbeiter vor Ort, wo an seinem Arbeitsplatz bzw. in seinem Aufgabenbereich noch etwas gespart werden kann. 4 % soll er dieses Jahr dabei erreichen - mehr nicht!


Handlungsfähigkeit unserer Stadt erhalten!

Sie sehen:

Unser Ziel als FDP ist, die Handlungsfähigkeit unserer Stadt auch in den kommenden Jahren zu erhalten. Wir wollen, dass Coesfeld auch in Zukunft in der Lage ist, freiwillige Aufgaben für ihre Bürger zu übernehmen und freiwillige Leistungen anzubieten.

“Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not”, sagt der Volksmund. Wenn wir nicht rechtzeitig unserer Verwaltung die notwendigen Sparaufträge geben, dann wird schon bald das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Diesem Haushalt FEHLT dieser Sparauftrag

Wie schon im letzten Jahr lehnen wir den Haushalt deswegen ab.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


Wolfgang Kraska
Fraktionsvorsitzender der FDP im Coesfelder Stadtrat



ES GILT DAS GESPROCHENE WORT

Ihre FDP-Fraktion im Coesfelder Stadtrat