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Lärmschutzwall Waterfohr: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! 
(Februar 2007)
 
  • Die Stellungnahme der Verwaltung zu dem Thema: hier "klicken"!
  • "Das offene Wort": Stellungnahme der FDP hier "klicken"!

Sehr geehrte Damen und Herren,

knapper konnte die Entscheidung nicht ausfallen: Mit nur einer Stimme Mehrheit entschied der städtische Hauptausschuss, allen Anliegern, die von der fehlerhaften Abrechnung des Lärmschutzwalles betroffen waren, die gezahlten Beiträge zu erstatten.

Doch nur einen Tag später begehrte Pro Coesfeld gegen diesen Beschluss auf. Da sich die Stadt nach wie vor in der Haushaltssicherung befindet, seien "freiwillige Leistungen" an ihre Bürger nicht möglich - und eine "freiwillige Leistung" sei es nunmal, wenn die Stadt zu Unrecht kassierte Gebühren auch denen zurückerstattet, die keinen Widerspruch eingelegt hatten. (Die Position von Pro Coesfeld  kann auf deren Homepage nachgelesen werden - hier "klicken"!)

LärmschutzwallDabei war die Auseinandersetzung zu diesem Thema war grundsätzlich ein Lehrstück in Fragen "Demokratie", "Rechtsstaat" und "bürgerschaftlichem Engagement", obwohl das Thema ein denkbar geringes war: Bürger wehrten sich gegen einen behördlichen Bescheid und erhielten letztlich Recht.

Es waren aber nicht alle Nachbarn, die sich an dem Protest beteiligten. Während die einen Zeit und Geld investierten, um ihr Anliegen zum Erfolg zu bringen, warteten die anderen ab, ließen die Widerspruchsfrist verstreichen - und akzeptierten damit (juristisch gesehen) den behördlichen Bescheid.

Nun wollten aber alle von dem Erfolg profitieren. Die bislang passiven Nachbarn verwiesen auf das Gebot der Gleichbehandlung ... Haben sie nicht Recht, wenn sie darauf vertrauen, dass der Staat eine zu Unrecht verhängte Maßnahme wieder zurücknimmt und zu Unrecht einkassierte Gebühren wieder zurückzahlt? (Nebenbei: Die Ausschussvorlage der Stadtverwaltung vom 08.02.07, in der sie darlegt, das Gleichbehandlungsgebot gegenüber allen Bürger sei nicht verletzt worden, zumal der Nachbar Schroer alle Anlieger persönlich angesprochen hätte, macht mehr als nachdenklich. Seit wann ist es die Aufgabe eines Privatmannes, anstelle des zuständigen städtischen Organs die Gleichbehandlung aller Bürger herzustellen?) Zudem: Hatte die CDU nicht schon vorher versprochen, sie werde sich schon darum kümmern, dass für den Lärmschutzwall keine Anliegerbeiträge anfallen?

Aber andererseits ist unmissverständlich klar: Hätten die aktiven Nachbarn das Verfahren nicht in die Wege geleitet, hätte es keinen Gerichtsentscheid zugunsten der Anlieger gegeben, und weder CDU noch Hauptausschuss hätten am 07.02. ihren "großzügigen" Beschluss fassen können. Insofern gebührt den Widerspruchführern Anerkennung und Dank für ihr Vorgehen.

Und gerade an diesem kleinen Beispiel zeigen sich die Kernwerte unseres Rechtsstaates. Der Bürger muss sich nicht alles gefallen lassen - darf aber auch nicht blind vertrauen! Wer sich klug für seine Belange einsetzt, hat auch die Chance auf Erfolg!

Ihre FDP-Fraktion im Coesfelder Stadtrat



Aus der Sitzungsvorlage zum Hauptausschuss vom 08.02.2007, Tagesordnungspunkt "Beschwerde der Anlieger der Straßen Waterfohr, Nininghove u.a. betreffend die Abrechnung des Lärmschutzwalles Waterfohr

Stellungnahme der Verwaltung:

Die Bescheide sind nach dem bestandskräftg gewordenen Urteil des Verwaltungsgerichts zwar rechtswidrig, jedoch bestandskräftig und nicht nichtig. Eine Rücknahme der Bescheide durch die Stadt ist zwar grundsätzlich möglich, ein Anspruch auf Rücknahme der Bescheide besteht jedoch nicht.

Die Rücknahme der Bescheide liegt nach § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes NW im Ermessen der Behörde. Der Bürger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Bescheide, sondern nur einen Anspruch auf eine ermessensfreie Entscheidung. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null liegt hier nicht vor. Es liegt insbesondere kein Gesetzesverstoß vor, wenn die Stadt die Bescheide nicht aufhebt. Hierfür sind folgende Gründe maßgebend:
  • Es liegen hier keine besonderen Umstände des Einzelfalles vor.
  • Die Aufrechterhaltung der Bescheide hat für Dritte oder für die Allgemeinheit keine unzumutbaren Folgen.
  • Der Rechtsverstoß ist weder offensichtlich noch so schwer, dass dies eine Aufhebung erfordert. Auch haben sich die Sach- oder Rechtslage nicht geändert und in vergleichbaren Fällen ist der belastende VA [Erläuterung des Verfassers: Verwaltungsakt] nicht aufgehoben worden.
  • Die Grundsätze von Treu und Glauben erfordern keine Rücknahme.
Es sind daher grundsätzlich sowohl die Aufrechterhaltung als auch die Aufhebung der Bescheide rechtlich möglich. Die Entscheidung ist unter Ausübung des Ermessens zu treffen.

Die Ausübung ds Ermessens hat hier zu erfolgen unter Abwägung der Aspekte von Einzelfallgerechtigkeit und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung einerseits und Rechtsfrieden, Rechtssicherheit uund Verfahrensökonomie andererseits. Daneben ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des längeren Verfahrensvorlaufs, der öffentlichen Diskussion und des mit der Nachbarschaft einvernehmlich abgestimmten Verfahrensweges (Erlass der Bescheide, Widerspruch, Klage von Frau Marlies Schroer als "Musterverfahren", Ruhenlassen der anderen Widersprüche) bei allen Betroffenen ein umfassender Informationsstand unterstellt werden muss.

Unter Abwägung der o.g. Aspekte hält die Verwaltung eine Aufhebung der Bescheide für nicht angemessen. Auch wegen der Präzedenzwirkung müssen die Aspekte Rechtssicherheit und Rechtsfrieden Vorrang vor dem Aspekt Einzelfallgerechtigkeit haben. Bei einer nachträglichen Aufhebung der Bescheide würde für künftige Fälle das gesetzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren erheblich entwertet.

Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegt nicht vor. Herr Rudolf Schroer, Prüllageweg 10, Coesfeld, hat im November 2002 alle Anlieger in persönlichen Gesprächen darauf hingewiesen, dass die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid erforderlich ist, um im Falle einer für die Anlieger erfolgreichen prozessualen Auseinandersetzung einen Anspruch auf die Erstattung des gezahlten Beitrages zu erhalten. Einzelheiten sind dem in der Anlage beigefügten Gesprächsvermerk zu entnehmen. Diesem Vermerk ist auch zu entnehmen, dass die Anlieger, die seinerzeit Widerspruch eingelegt haben, auch auch gemeinsam an den Kosten des Vorverfahrens beteiligt haben.

Es handelt sich hier um unterschiedliche Sachverhalte, da nur ein Teil der Betroffenen Widerspruch eingelegt hat, ein anderer Teil auf dieses Rechtsmittel offensichtlich bewusst verzichtet hat. Somit sind die unterschiedlichen Sachverhalte auch unterschiedlich zu behandeln. Jeder Anlieger war über die Möglichkeit, Wierspruch einlegen zu müssen, um Aussichten auf eine Erstattung zu haben, informiert. Das Gleichbehandlungsgebot wird somit auch bei Erstattung nur an die Widerspruchführer erfüllt. Die Stadt könnte anderenfalls künftig unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gezwungen sein, in vergleichbaren Fällen ebenfalls so zu verfahren. Das mit Fristen versehene Widerspruchsverfahren würde damit weitgehend ausgehöhlt.

Die besondere Haushaltssituation der Stadt Coesfeld erfordert, bei der Ermessensausübung die Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 75 der Gemeindeordnung NW) verstärkt zu berücksichtigen. Insbesondere verbietet der Handlungsrahmen zum Haushaltssicherungskonzept der Kommune, sich zu freiwilligen Leistungen zu verpflichten. In diesem Fall würde diese freiwillige Leistung 21.664,60 € betragen.

Eine unzumutbare Belastung für den Einzelnen liegt nicht vor, da die durchschnittliche Höhe der Erstattung bei ca. 430 € liegt. Zudem dauert das Verfahren seit November 2002 an, so dass mit einer zeitnahmen Erstattung der Beiträge nicht gerechnet werden konnte.

[Wir bitten Tippfehler bei der Abschrift zu entschuldigen]



 
"Das offene Wort": Stellungnahme der FDP zur Problematik


Lärmschutzwall Waterfohr: Weiter im Streit?
 

Sehr geehrte Damen und Herren,

eigentlich hätte es doch möglich sein müssen, dass man sich nun gemeinsam über die zurückzuzahlenden Anliegerbeiträge freut. Doch jetzt läutet Pro Coesfeld noch eine weitere Runde in dem Streit ein ... schade, denn die Situation war schon verfahren genug!

Sicher, da gab es die alte CDU-Zusage (insbesondere an die Altanlieger), sie werde dafür sorgen, dass für den Lärmschutzwall keine Erschließungsbeiträge anfallen. Doch bereits hier hätte man fragen können: Auf welcher Grundlage stand dieses Versprechen? Schließlich gab es schon damals eindeutige Vorschriften über die Übernahme von Erschließungsbeiträgen durch Anlieger!

Und da gab es auch die Stadtverwaltung, die den Nachbarschaftsverein auch dann noch beriet, als das Rechnungsprüfungsamt einschritt und die “Absprachen” in Gefahr gerieten. Auch hier könnte man fragen: Ist es die Aufgabe der Verwaltung, einzelnen Bürgern bei der Schlupflochsuche zu helfen? (ODER man müsste ANDERSHERUM fragen: Wenn schon die Stadt weiterhin "mitmischt", gebührt der Erfolg der Bemühungen am Ende nicht ALLEN Betroffenen?)

Auch wenn wir uns nun über den gerichtlichen Erfolg freuen - leider war es nicht gelungen, alle Anlieger mit “ins Boot” zu holen. Sofern es dabei eine Ungleichbehandlung der Bürger gegeben haben könnte, schiebt die Verwaltung die Verantwortung dem Nachbarschaftsverein zu - schließlich sei der Verfahrensweg mit ihm abgestimmt gewesen und zudem habe Herr Schroer im November 2002 alle Anlieger persönlich informiert... (Der komplette Text der Verwaltungsvorlage kann auf dieser Seite nachgelesen werden - hier "klicken" ).

So gab es am Ende die einen, die (mit städtischer Unterstützung) Widerspruch erhoben hatten, und die anderen, die auf die Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns gesetzt hatten. Und plötzlich empfahl dieselbe Stadtverwaltung, die zuvor bei der Schlupflochsuche half (und nach wie vor mit demselben Rechnungsprüfungsamt im Nacken), nun ausschließlich an die Widerspruchsführer auszuzahlen.

Die endgültige Entscheidung überlies sie allerdings “der Politik” ... und am Ende hatten die Bürger sogar noch Glück, dass die knappe Mehrheit im Hauptausschuss überhaupt zustande gekommen ist, denn noch nicht einmal alle CDU-Vertreter stimmten im Sinne ihrer alten Zusagen!

Genau diese Form von Politik verträgt sich überhaupt nicht mit dem liberalen Staatsverständnis der FDP. Der Staat und seine Gesetze sind für ALLE Bürger da und die staatlichen Organe müssen sich gegenüber den Bürgern GLEICHERMASSEN neutral verhalten - zu welchem Durcheinander andere Verfahrensweisen führen, lässt sich derzeit zwischen Waterfohr und Nininghove beobachten...

Da sich am Ende das Verfahren zu Lasten der “Gutgläubigen” auszuwirken drohte, unterstützte auch die FDP die Auszahlung an ALLE Anlieger. Die Kollegen von Pro Coesfeld bitten wir zu überlegen: Wollen Sie die politischen Fehler der Vergangenheit nun auf den Rücken der Betroffenen austragen?


Wolfgang Kraska
FDP-Ortsvorsitzender und Ratsmitglied