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Stadthalle: Gebäude ohne Wert 
(Dezember 2006)
 

Stadthalle-2006Sehr geehrte Damen und Herren,

"Bewertung der Stadthalle" nannte sich der Tagesordnungspunkt, unter dem der Stadtrat auf seiner Sitzung vom 14.12.2006 - gegen die beiden Stimmen der FDP - folgenden Beschluss gefasst hat:
  • "Es wird beschlossen, die kommunalorientierte Nutzung der Stadthalle in eigener Regie aufzugeben.
  • Die Verwaltung wird beauftragt,die bereits laufenden Verhandlungen mit Vereinen weiterzuführen, um die Stadthalle ... zu einem symbolischen Erbbauzins an Dritte im Wege eines Erbbaurechtsvertrages für die Restnutzungsdauer der Stadthalle zu übertragen. Konkrete vertragliche Regelungen bleiben der Beschlussfassung durch den Rat der Stadt Coesfeld zu einem späteren Zeitpunkt vorbehalten."
Dieser auf den ersten Blick harmlos wirkende Text hat es jedoch in sich. Im Kern geht es darum, zwei interessierten Vereinen die Stadthalle zu Sonderkonditionen zu überlassen. Zudem ist unsere Stadthalle ein anschauliches Beispiel für die
Leichtfertigkeit, mit der in der Vergangenheit im großen Stil öffentliche Gelder im wahrsten Sinne des Wortes "verpulvert" wurden.


Stichwort "Immobilienwert": Die Stadt unter Zugzwang

Auch wenn es für den "Normalbürger" nur schwer verständlich erscheint: Über den Wert einer Immobilie musste sich die Stadt bislang keine Gedanken machen. Sie hatte diese Immobilie nunmal und konnte damit weitestgehend so verfahren, wie sie wollte.

Der Grund dafür lag in den Besonderheiten des sogenannten "kameralistischen Rechnungswesens", mit dem das Vermögen einer Stadt verwaltet wird. Mit diesem Rechnungswesen lassen sich sehr gut die aktuellen Zahlungsflüsse (städtische Einnahmen und Ausgaben) planen und überwachen, nicht aber das gesamte Vermögen und seine Werteentwicklung. So "weiß" eine Stadt zwar, was ein Haus bei seinem Kauf kostet oder wie teuer eine notwendige Dachstuhlreparatur ist. Was dann aber in der Folge mit den so geschaffenen Wertgegenständen geschieht, unterliegt bislang keiner weiteren systematischen Kontrolle.

Im neuen Jahr ändern sich diese Voraussetzungen grundlegend. Zum 31.12.2006 wird das alte kameralistische Rechnungswesen abgeschafft und durch ein neues Rechnungswesen ersetzt, das sich an kaufmännischen Regeln orientiert: Das neue kommunale Finanzmanagement - NKF. Zu diesem Zweck wird zum 01.01.2007 erstmalig eine Bilanz aufgestellt, in der das Vermögen und die Schulden unserer Stadt abgebildet sind. Im Zuge der Vermögensbewertung muss somit auch die Stadthalle - bestehend aus Grundstück und Gebäude - bewertet werden.

Die Stadt steht nun unter Zugzwang - und diejenigen, die die Stadthalle gern weiterführen wollen bzw. an einen privaten Träger (im Gespräch sind zwei Coesfelder Vereine) weitergeben wollen, stehen vor folgenden Problemen: 
  • Wenn die Stadt das Gebäude als das, was es ist und als was sie jahrzehntelang genutzt wurde - nämlich als Stadthalle - bewerten würde, käme dabei ein relativ hoher Wert heraus, der in die städtische Bilanz eingestellt werden müsste.
  • Wenn die Stadt im kommenden Jahr das Gebäude an einen privaten Träger abtreten wollte, müsste dieser Wert in angemessener Weise berücksichtigt werden: Entweder der private Betreiber zahlt einen angemessenen Kaufpreis oder Pachtzins, oder aber die Stadt müsste - im Falle der Veräußerung unter Buchwert - den Differenzbetrag in ihrer eigenen Ergebnisrechnung als außerordentlichen Aufwand abschreiben.
Wir wissen längst, dass die Stadthalle schon immer ein fragwürdiges Prestigeobjekt für unsere Stadt war. Die FDP hatte schon vor Jahren gefordert, die Stadthalle zu verkaufen, damit sich die Stadt von der mit ihr verbundenen Kostenlast befreit.

Nun werden die ehemaligen Befürworter der Stadthalle von der Realität eingeholt. De facto scheinen die in der Stadthalle gebundenen Werte nicht vernünftig einsetzbar. Ihr Betrieb ist ein Verlustgeschäft, da einerseits ein hoher Kostendruck herrscht und andererseits keine ausreichenden Mieteinnahmen o.ä. erzielt werden können. Ebensowenig erscheint es kaum möglich, den vollen Wert durch einen Verkauf der Immobilie zu realisieren - wer kauft schon eine Stadthalle, wenn damit kein Geld zu verdienen ist?

Die Lösung, die sich Verwaltung und Mehrheitsfraktionen haben einfallen lassen: Man möchte - jetzt, wenige Tage vor der Verpfllichtung zu einer ordnungsgemäßen Bewertung! - per Beschluss den Betrieb der Stadthalle einstellen  - um dann im neuen Jahr per Vertrag einen privaten Stadthallenbetrieb zu starten!

Die Stadt - so die Kritik der FDP - möchte also für einen Augenblick so tun, als sei die Stadthalle keine Stadthalle. Mit diesem Kunstgriff soll der Gebäudewert um 300.000 Euro nach unten gedrückt werden. Nur so ist es möglich, im kommenden Jahr die Stadthalle den interessierten Vereinen zu absoluten Sonderkonditionen zur Verfügung zu stellen - im anderen Falle wären die Vereine gezwungen, einen entsprechenden Preis zu bezahlen bzw. die Stadt müsste 300.000 Euro Gebäudewert außerplanmäßig abschreiben.

Was die Coesfelder Bürger hier unverblümt miterleben können, ist der typische leichtfertige Umgang mit öffentlichen Werten, wie er jahrzehntelang üblich war: Erst werden ohne Rücksicht Unmengen von Geldern in irgendwelche Projekte gesteckt, die dann enorme Folgekosten nach sich ziehen und dann am Ende sang- und klanglos eingestampft werden. Letztendlich sind die in der Stadthalle verlorengegangenen Werte das Ergebnis einer jahrelangen Misswirtschaft um dieses Gebäude.

Das neue Rechnungswesen wird einen solchen leichtfertigen Umgang mit öffentlichem Vermögen künftig hoffentlich unmöglich machen.


Der Weiterbetrieb der Stadthalle als Stadthalle: Wer trägt die Folgekosten?

Die Beschlusslage um die Stadthalle entbehrt nicht einer gewissen Tragik: Da hat Coesfeld eine Stadthalle, die aber zum Jahreswechsel 2006/07 keine Stadthalle mehr sein darf (damit sie nicht als Stadthalle bewertet werden muss), im Jahr 2007 dann aber doch als (privat geführte) Stadthalle weiterbetrieben werden soll. 

Der so "gesparte" Immobilienwert in Höhe von 300.000 Euro ist jedoch noch nicht alles, was den möglichen Betreibern (zwei interessierten Coesfelder Vereinen) erlassen werden soll.

Der Unterhalt des nun "wertlosen" Stadthallengebäude kostet nach wie vor eine Menge Geld. Zwar sollen die interessierten Vereine sie in eigener Regie betreiben, aber nicht alle Kosten tragen müssen. In ihrer Beschlussvorlage zur Stadtratssitzung vom 14.12.2006 lässt die Stadtverwaltung durchblicken, dass sie daran denkt, den künftigen Stadthallenbetreibern einen jährlichen Zuschuss von 61.000 Euro zu gewähren, davon in den nächsten zehn Jahren 20.000 Euro jährlich für notwendige Reparaturen an der Stadthalle.

Die Stadthalle bleibt also für die Stadt ein Fass ohne Boden. Grund genug für die FDP, den Verwaltungsvorschlag zur "Bewertung der Stadthalle" rundum abzulehnen!

Aus Sicht der FDP besteht der einige vernünftige Weg darin, das Stadthallengrundstück ohne Wenn und Aber zu verkaufen. Anstelle weiterer Kosten könnte die Stadt dann wenigstens ein mal eine satte Einnahme aufgrund der Stadthalle verzeichnen - schließlich liegt das Grundstück in attraktiver Lage und ist durchaus als "Filetstück" zu bezeichnen! Hätten wir die Stadthalle schon früher verkauft, wären der Stadt in diesem "Fass ohne Boden" enorme Kosten erspart geblieben.

Ihre FDP-Fraktion im Coesfelder Stadtrat